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 Julius Wipfel - Der Vater des Gedankens?

 

Ortswechsel: In Weinheim an der Bergstraße hatte sich die junge Familie Wipfel nach dem Krieg niedergelassen. Der Familienvater Julius war ein Hundenarr, der auch immer mit Hunden gelebt hatte. Schon in seiner Jugend war er fasziniert von den Berichten und Beschreibungen über die Nordischen Schlittenhunde. Wie der Zufall so spielt, fand Herr Wipfel einen solchen Hund in einem Tierheim, der vermutlich von in Mannheim stationierten kanadischen Truppen zurückgelassen wurde (daher auch der Name Kanadier).

Der Kanadier war, nach Wipfels späterer Beschreibung, ein vollkommener Schlittenhundtyp, der sich erstaunlicherweise sofort gut einlebte. Vom dritten Tag an ließ er keine Fremden in die Wohnung und machte sich selbst zum Bewacher ihres Sohnes. Er verblüffte täglich neu durch seine einmalige Intelligenz, sowie durch den ihm eigenen Reiz seines Wesens, das allerdings nicht immer in die häuslichen Verhältnisse passte. Julius Wipfel berichtete von einem zunehmend unbändigen und gefährlichen Benehmen gegenüber fremden Menschen: "Er war anders intelligent und anders gefährlich als unsere Hunde". Trotzdem war dieser "geliebte schwarze Teufel" in seiner Art eine faszinierende Hundepersönlichkeit.

bild19 elfriede wipfel Mitte der Fünfziger Jahre suchte man im Haus Wipfel nach einem würdigen Nachfolger - den es natürlich nicht gab - worauf man   sich für die Wolfspitzhündin "Bella von der Waldmühle" entschied. Den Vergleich mit dem "Kanadier" konnte Bella jedoch nicht   halten, so angenehm und schön sie auch war. Eines Tages sagte   Frau Wipfel (Zitat Julius Wipfel) "….ganz einfach, wie es     Frauen eben so tun": "Züchten wir doch für uns allein einen Hund so   ähnlich wie der Kanadier und unsere Bella". Wipfel, inzwischen im Spitzklub engagiert, verschlang nun alles was an Hunde-Literatur erreichbar war. Wipfel: "Nicht nur durch Zufall stieß ich auf die 'Lorenz- Literatur'. Seine Zufallskreuzung Chow- Schäferhund machte mich hellhörig, die Beschreibung des wunderbaren Wesens des Chow-Abkömmlings begeisterte mich sofort." ("20 Jahre Eurasier-Zucht 1980"). Nun wollte   Wipfel die Rasse Chow-Chow etwas näher kennen lernen; er lernte sie nicht nur kennen, er wurde später sogar   Spezialzuchtrichter  für diese Rasse. "Glückliche Zufälle sind nicht ohne weiteres wiederholbar", sagte einmal Werner Schmidt mit Blick auf die Eurasierzucht. Aber gilt dies nicht auch für Menschenbegegnungen? Im März 1959 - Bella von der Waldmühle stand vor ihrem ersten Wurf - schrieb Elfriede Wipfel an Familie Baldamus einen Brief, der so beginnt: "Sehr geehrte Familie Baldamus! Von unserem Sportsfreund Schneider in Rastatt erfuhren wir kürzlich, dass Sie an einem Wolfspitz interessiert sind, aber die Rasse selbst nicht kennen. Ich möchte Ihnen hierzu folgende Erläuterung geben...".

Im Folgenden beschreibt sie nun sehr ausführlich die Rasse, ihre Vorzüge und Besonderheiten und auch ihre Erwartungen an den Halter. Herr Baldamus hatte mal etwas von einem "Polarhund" gehört und dachte daher wohl eher in diese Richtung, worauf ihn Frau Wipfel sogleich aufklärte, dass er, wenn er den Samojeden meint, in Deutschland kaum etwas finden würde; eher in Österreich oder in der Schweiz. Wenn er aber den "braunen Chow-Chow" meine, so rate sie ihm dringend davon ab, da diese (Zitat) "asiatischen Importhunde sehr stark Wolfsblut führend sind und somit fast ausnahmslos wildern".

"Asta von der Bergstraße", eine Tochter von Bella von der Waldmühle, landete später auf dem Mittelberg bei Familie Baldamus und wurde somit die Stammmutter des Zwingers "vom Jägerhof", dem wohl bedeutendsten Eurasierzwinger überhaupt.


bild05 wipfel 1963                                                                                                              bild06 baldamus

 Es begann die züchterische Zusammenarbeit zwischen Julius Wipfel und Charlotte       Baldamus. Julius Wipfel hatte sich für den Start der Wolfs-Chow-Zucht gut vorbereitet:     Einem Versuch nach dem Lorenz'schen Beispiel, einen Hund zu züchten, der die besten   Eigenschaften - um bei dem Lorenz'schen Begriff zu bleiben - des Aureushundes und   des   Lupushundes in sich vereinigt.

 Hierzu hat er folgerichtig den Chow-Chow ausgewählt - er bringt jenen, alles   entscheidenden besonderen Charakter der "Nordischen" mit. Partner sollte   der  Wolfspitz  sein, eine uralte Rasse, deren historische und prähistorische Wurzeln   direkt  auf den Torfspitz verweisen. Eine kluge Entscheidung, obwohl Wipfel, wie er   gelegentlich durchblicken ließ, sehr gerne auch eine Linie mit Samojeden getestet hätte,   wenn er welche gehabt hätte….Andererseits war seine Entscheidung natürlich auch eine bequeme; schließlich war die eigene Wolfspitz-Hündin und deren Nachkommen für ihn gut zugänglich.

Also wurden zwei uralte Spitzrassen - der Chow-Chow aus Asien stammend und der Europäische Wolfspitz - mit einander gekreuzt, oder besser gesagt gemischt, denn es sind ja Tiere der gleichen Art - mit dem Ziel die besten Eigenschaften beider Rassen zusammenzuführen.