Wie man einen Eurasier fotografiert

von Alfred Müller

(Vervielfältigungen, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Autors)

Einen Eurasier fotografieren ist einfach: Sie nehmen ihre Kamera zur Hand, schrauben ein leichtes Teleobjektiv rein und rufen Ihren Hund. Sobald der Eurasier eine Kamera sieht, geht er unter Beachtung des Hintergrundes automatisch auf einen fototechnisch günstigen Abstand und begibt sich sofort in eine entspannte Normalstellung, quer stehend, den Kopf gerade, die Ohren gestellt, und hält so still, bis Sie Ihre Kamera eingestellt und ausgelöst haben, dann dreht er sich um 90°, um sich von vorne zu zeigen, und geht schließlich in Sitz-Position, den Kopf ins Halbprofil gedreht, damit Sie in aller Ruhe eine schöne Kopfstudie machen können.

Wie, was ... Ihr Hund macht das so nicht? Ja dann wird's aber schwierig!

 

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Keine Angst, wir kriegen das auch so hin. Unter uns: Mein Hund macht das auch nicht, aber schön wär's schon...... 

Da ich selbst schon genug fotografischen Abfall produziert habe, brauchen Sie nicht auch noch damit anzufangen. Ich erzähle Ihnen einfach mal, was ich dabei erfahren und gelernt habe und gebe Ihnen ein paar Anregungen und Kniffe weiter. Es würde mich freuen, wenn Sie hinterher in der Lage wären, selbst bessere Eurasierfotos zu machen, an denen Sie ihre Freude haben.

Zuvor, es ist leider unumgänglich, müssen wir uns mit ein paar technischen und physikalischen Binsenweisheiten auseinandersetzen, die, falls Sie diese stets im Hinterkopf behalten, ihre fotografische Ausschussquote auf Anhieb um mindestens 50% senken werden. Wetten? In der Folge wird auch die Praxis nicht zu kurz kommen.

Fotografieren heißt mit Hilfe von Licht abbilden. Also spielt das Licht die entscheidende Rolle. Es werde Licht! So lautet das Stoßgebet guter Fotografen, denn sie können nie genug davon bekommen. Das richtige Licht, genauer gesagt eine gute Beleuchtung des Objektes, ist die erste Voraussetzung für das Gelingen einer fotografischen Aufnahme.  Das klingt so logisch und selbstverständlich, dass es gewöhnlich vergessen wird. Aber Licht steht nicht immer in der gewünschten Art und Qualität zur Verfügung. Insbesondere bei Tageslicht müssen wir uns notgedrungen an die gegebenen Verhältnisse anpassen. Das ist nicht immer leicht.

Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten! Den Spruch hatten schon die alten griechischen Sprücheklopfer drauf. Das reicht uns noch nicht; wir differenzieren: Wo hartes Licht ist (punktförmige Lichtquelle) gibt es harte Schatten, so genannte Schlagschatten. Wo weiches (diffuses) Licht ist, .. sie wissen schon - richtig, weiche Schatten. Mit Licht kann man gestalten, aber man muss zuerst seinen Blick schulen, sehen lernen wie ein Maler. Dazu muss sich der Fotograf um sein Motiv bewegen, muss es im richtigen Licht betrachten, muss es ins richtige Licht bringen. So werden auch seine Bilder "leben".

In der Hunde-Fotografie (wie auch in der Portrait-Fotografie) sollten wir allzu hartes Licht meiden, falls wir nicht gerade einen besonderen Effekt erreichen wollen. Also nicht die steile Sommer-Mittagssonne bemühen. Günstig ist die flache Sonnenbeleuchtung des Morgens und des Abends. Besonders im Sommer und bei wolkenlosem Himmel sollten Sie sich zwischen 11.00 Uhr und 14:30 ohnehin fotografisch zurückhalten. Nicht nur wegen dem harten Licht sondern auch wegen der ungünstigen kalten Lichtfarbe. Die Farbe des Tageslichtes ist keineswegs konstant, sondern wechselt tagsüber zwischen morgens gelb, über blau am Mittag zum abendlichen rot. Im Gegensatz zu unseren Tageslichtfilmen: Die sind auf eine mittlere Tageslicht-Farbtemperatur geeicht, kommen aber mit gelben und roten Farbabweichungen besser zurecht als mit dem Blau des Mittags. Schon ein leicht bewölkter Himmel mildert allerdings die Differenzen und, Sie werden es nicht glauben, die Farbtemperatur des Regentages stimmt mit der Norm Ihres Diafilmes exakt überein - nur, bei Regen fehlt halt der Glanz der Sonnenstrahlen, der die Farben zum Leben erweckt.

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Sonne im Rücken! Lautet eine alte Regel, die eine problemlose und automatensichere Beleuchtung verspricht, wenn sie nicht gar zu flach ist. Zwar hat auch die Gegenlichtaufnahme ihren Reiz, aber hier müssen Sie unbedingt beachten, dass die Lichtquellen selbst nicht ins Bild kommt und das Hauptmotiv im Schatten steht. Es muss also nach den Schatten belichtet werden. Hierzu macht man eine Nah-Messung des bildwichtigsten Teils und stellt manuell ein, bzw. bemüht den Messwertspeicher, falls vorhanden oder man arbeitet mit der + Korrektur.

Wie gesagt, die Qualität eines Fotos steht und fällt mit der Qualität der Beleuchtung. Da es uns nicht vergönnt ist, die Sonne und die Wolken nach Belieben verschieben oder beeinflussen zu können, müssen wir unser Fotomotiv wohl oder übel selbst ins rechte Licht stellen - oder geduldig warten, bis sich die richtigen Lichtverhältnisse einstellen. Das ist nicht immer möglich. Oft ist man einfach gezwungen auch bei trübem Wetter zu fotografieren, weil eben die Gelegenheit später so nicht mehr gegeben ist. Hier ist, ebenso wie bei knallharter Beleuchtung, ein Blitzgerät sehr hilfreich und schon ein klitzekleines Blitzgerätchen ist viel besser als gar keins. Leider nur im Rahmen der Blitzreichweite.

Also: Wenn Sie in Zukunft mal wieder in der prallen Juli-Mittagssonne einen Fotografen mit einem ordentlichen Blitzgerät durch die Landschaft laufen sehen, dann wissen Sie Bescheid: der Mann ist nicht bescheuert, der kämpft mit Schlagschatten. 

Unsere Kameras selbst sind heute selten die Ursache eines misslungenen Fotos, eher eine Fehlbedienung derselben. Oft wird auch die Fähigkeit der Technik überschätzt. Selbstverständlich ist der eindrucksvoll rezitierte Monolog "Meine Kamera macht keine guten Bilder!" allemal dazu geeignet, einen weniger technisch beschlagenen Familien-Haushaltsausschuss zur Bewilligung entsprechender Finanzmittel zur Beschaffung einer neuen Kamera zu bewegen. Egal, alt oder neu: Lesen Sie auf jeden Fall sorgfältig die Gebrauchsanweisung ihrer Kamera. (das gilt auch für "Experten") und testen Sie auch alles in der Praxis. Glauben Sie mir, es ist billiger, einmal einen oder auch zehn Filme nur für Testaufnahmen zu opfern als ständig Schrott zu produzieren. Führen Sie auch einen Notizblock mit, damit Sie evtl. Fehler auch später rekonstruieren können. Auch wenn sie bei Ihrem Supervollautomaten nur noch das Knöpfchen drücken müssen, sollten Sie schon wissen wo das Knöpfchen ist, denn es ist doch recht mühsam vor jeder Aufnahme extra die Nahkampfbrille aufsetzen zu müssen. In diesem Fall sparen Sie allerdings Filmmaterial, da Sie dann nie zum Schuss kommen.

Noch mal: Ich empfehle Ihnen dringend, alle Handgriffe zu üben, denn nur wenn Sie die Technik ihrer Kamera beherrschen, haben Sie den Kopf frei für eine vernünftige und kreative Gestaltung ihrer Fotos.

Übrigens, es spielt keine Rolle, ob Sie eine ultramoderne Kleinbild- oder Digitalkamera verwenden oder mit einer alten, mechanische Reflex- oder Sucherkamera arbeiten. Alle liefern brauchbare Fotos, wenn man sie nur beherrscht. Es muss ja nicht Opas alte Agfa-Clack vom Dachboden sein (doch, die Rollfilme hierzu gibt es immer noch; die werden heute überwiegend von Profis verwendet - allerdings nicht mit der Clack), aber selbst die Clack-Typen, wie alle mechanischen Kameras - könnten einen Vorteil ausspielen: wenn man den Auslöser betätigt, lösen diese sofort, also ohne Verzögerung aus, im Gegensatz zu manchen "modernen", die erst mal ihren Autofokus und ihre Zoom-Objektive lautstark hin und her nudeln. Bis die zur Sache kommen, ist Ihr Hund weg -falls er sich nicht wie oben beschrieben verhält. Dann lieber noch ein leises bescheidenes - aber spontanes - "klick" oder auch "klack"! 

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Nicht alle Modernen sind langsam; aber die wirklich Schnellen haben ihren Preis. Achten sie beim Neukauf einer Kamera auf deren Auslöseverzögerung - das gilt besonders für Sucher- und Digitalkameras - sonst können Sie sich Ihre Schnappschüsse an den Hut stecken.

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Für die Qualität der Abbildung auf dem Film ist einzig und allein das Objektiv verantwortlich. Die Reste der Kamera, der ganze technische Schnickschnack ist nur Hilfspersonal der optischen Fakultät und dient eigentlich nur der Bequemlichkeit des Fotografen. Deshalb behandeln wir unser Objektiv wie ein rohes Ei. Den UV- oder Skylightfilter, den Ihnen Ihr Fotohändler angedreht hat, sollten Sie schnellstens demontieren und sonst wo aufbewahren bis zur nächsten Hochseefahrt oder Himalaja -Besteigung. Er beleidigt den Objektivkonstrukteur, der sich halb tot gerechnet hat, um Ihnen ein makelloses optisches Hochleistungssystem mit aufwendiger Antireflexbelag-Mehrfach-Oberflächen-Vergütung zur Verfügung zu stellen, dessen Vorzüge Sie nun mit ihrer fragwürdigen Filterscherbe wieder infrage stellen. Auch der beste Filter ist ein Kompromiss, verschlechtert prinzipiell das Ergebnis und sollte nur für ganz bestimmte Zwecke eingesetzt werden. Um das Objektiv zu schützen brauchen Sie keinen Filter. Kaufen Sie Sich lieber einen Objektivdeckel - das ist der beste Schutz - und nehmen Sie den nur zum Fotografieren ab (dann aber auf jeden Fall). Fast noch wichtiger ist eine passende Gegenlichtblende, die der Objektivhersteller - aus gutem Grund - meist mitliefert, denn der Kamerahersteller hat sich sehr große Mühe gegeben die Reflexe im inneren der Kamera so weit wie möglich zu unterdrücken. Die Sonnen- oder Gegenlichtblende hat den Zweck, diese Bemühungen auch vor dem Objektiv fortzusetzen. Das Ergebnis ist eine sichtbare Verbesserung der Brillanz.

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Sucherkamera oder Spiegelreflex? Sie können es sich aussuchen. Die Sucherkamera ist in der Regel handlicher als eine Spiegelreflexkamera, die mitunter auch noch mit etlichem Zubehör in der großen Fototasche daher kommt. Natürlich hat die Große einige Vorteile: Sie hat eine stattliche Auswahl an Objektiven zu bieten, die Sie nach Zweck und Belieben wechseln können. Auch das Sucherbild entspricht in etwa der Wahrheit, das ist bei der Sucherkamera nicht immer so. Dafür bleibt das Sucherbild bei der Kleinen während der Aufnahme im Blickfeld, bei der Reflex (wenn es nicht gerade eine zweiäugige vom Typ Rolleiflex ist), klappt kurz vor der Aufnahme den Spiegel hoch, so dass Sie für einen Augenblick den Sichtkontakt zu Ihrem Motiv verlieren. Und wenn ihr Liebling just in dem Moment mal schnell den Kopf wegdreht, (das kennen wir doch, oder !) haben Sie bei der Sucherkamera eher die Chance solche unfreundlichen Aktionen wahrzunehmen. 

Die heute üblichen automatischen Funktionen für Entfernungseinstellung (Autofokus) und Belichtungssteuerung sind hier und da in etwa gleich. Autofokus ist angenehm, wenn er schnell und exakt funktioniert; er sollte aber ebenso wie die Belichtungsautomatik, bei Bedarf schnell und unkompliziert abschaltbar sein.

Verlassen Sie sich nicht blind auf Ihre Belichtungsautomatik, schon gar nicht in Grenzsituationen wie Gegenlicht oder bei Motiven mit überwiegend hellen oder überwiegend dunklen Bildelementen. Sie tut zwar ihr Bestes, aber sie ist schnell überfordert. Ihre Kamera und alle fotooptischen Lichtmess-Systeme verstehen nur "mittelgrau", (Neutralgrau,18% Reflexion) nur darauf sind alle Belichtungsmesser dieser Erde geeicht. Na und, was soll's? Das werden Sie gleich verstehen.

Nehmen wir an, Sie fotografieren Ihren Eurasier weil er gerade so schön da steht und weil Sie ihre nagelneue "Nicanolda" mit Multi-Mehrfeld-Belichtungsmessung mit Bordcomputer, Kontrastausgleich, Antischlupfregelung, (...oder war das beim Auto?) und allem Pipapo ausprobieren wollen. Unglücklicherweise steht der Hund mit der vorderen Hälfte in der strahlend klaren Mittagssonne und mit der hinteren Partie unter dem Sonnenschirm. Nun ja, die Automatik wird's schon richten. Das tut sie auch, denn mit ihrer Mehrfeldmesstechnik ist sie in der Lage auch alle wesentlichen Helligkeitsstufen im gesamten Bildfeld zu erfassen und selbst extreme Kontraste zu registrieren. Der interne Rechner ist in der Lage augenblicklich einen hochgenauen Mittelwert zu errechnen und diesen der Belichtungselektronik zur Verarbeitung zu übermitteln. Das Ergebnis ist, vorausgesetzt ihr Fotolabor arbeitet äußerst korrekt, ein mit allermodernster Technologie erstelltes Stück Abfall, das Sie getrost dem Papierkorb anvertrauen können.

Was ist passiert? Das Hinterteil des Hundes ist rabenschwarz, das Vorderteil viel zu hell und die Farbe ...welche Farbe? Das hat Ihr Hund nicht verdient!

Die Kamera ist unschuldig, sie hat gut gearbeitet, alles mit mittlerem grau verglichen und wie bestellt abgeliefert. Aber da gibt es noch einen Haken, und das ist der Datenträger, der Film oder der Chip bei der Digitalkamera. Der kann nämlich solche extremen Helligkeitsunterschiede (Beleuchtungskontraste) nicht mehr korrekt darstellen. D.h. die Schattenpartie wird viel zu dunkel abgebildet - "geht zu", während die hellen Motivteile völlig überbelichtet "ausgebleicht" sind. Das zeigt sich beim Dia-Film besonders gravierend. Ein Mittelwert ist nicht immer brauchbar; manchmal ist es ratsam diesen z.B. mit Hilfe der +/-Korrektur an der Kamera entsprechend zu verschieben. In unserem Fallbeispiel wäre es allerdings einfacher gewesen den Eurasier um zwei Schritte nach vorne oder hinten, ins Licht oder in den Schatten zu schieben und alles hätte sich zur Zufriedenheit geregelt! Sie müssen sich in solchen Situationen entscheiden: hell oder dunkel, beides zusammen geht nicht. Im Zweifelsfalle konzentrieren Sie sich immer auf die wesentlichen Motivteile. Der Helligkeitsunterschied zwischen den bildwichtigen hellsten und den bildwichtigen dunkelsten Anteilen eines Motivs sollte im Idealfall nicht mehr als 5 (beim Dia) bzw. maximal 7 (beim Negativfilm) Blendenstufen (Lichtwerte) betragen; nur so werden diese Bereiche einigermaßen farbkorrekt und sauber durchgezeichnet wiedergegeben - und sind noch druckfähig.

Im Lichte betrachtet: Regieführung vor dem Objektiv und eine kritische Betrachtung des Motivs vor der Aufnahme sind die billigsten und wirkungsvollsten Maßnahmen zur Abfallvermeidung und zur Verbesserung unserer fotografischen Ergebnisse.

 


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