Was Sie schon immer wissen wollten ...

von Alfred Müller

(Vervielfältigungen, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Autors)

Was ist das, die Blende? Das ist ein verstellbarer Lamellen-Vorhang, mit dessen Hilfe man die Öffnung im Zentrum innerhalb des Objektives verändern kann. Das ist wie beim Wasserhahn: Weit aufgedreht fließt viel Wasser, mehr zugedreht entsprechend weniger. Bei der Blende ist das genau so, nur fließt hier kein Wasserstrahl, sondern ein Lichtstrahl durch die Öffnung. Genau so wie beim Wasserhahn ist die Regelung stufenlos, jedoch sind bei der Blende (für den manuellen Betrieb) Rasten vorgesehen, die so gewählt sind, dass sich der Durchlass-Querschnitt von Raste zu Raste jeweils exakt verdoppelt bzw. halbiert, je nach dem, in welche Richtung man einstellt. Das ist auch der Grund, weshalb die Blendenskala auf dem Objektiv aus "krummen" Zahlenwerten besteht (1,4 - 2 - 2,8 - 4 - 5,6 - 8 - 11 - 16 - 22 - 32). Es sind Bruchzahlen, woraus wir, scharfsinnig wie wir nun mal sind, messerscharf kalkulieren: Der allerkleinste Wert verweist auf die größtmögliche Objektivöffnung und auch auf die bauartbedingte maximale Lichtstärke des Objektivs. Eine Anfangsöffnung von Blende 8 würde vergleichsweise auf ein klägliches "Wasserhähnchen" hinweisen, während die größte Blende von etwa 1,4 oder auch 1,2 einen Lichtriesen bezeichnet, vergleichbar einem Wasseranschluss der Größe A, wie ihn die Feuerwehr beim Großbrand bevorzugt. Jedes Objektiv kann man bei Bedarf abblenden auf mindestens Blende 16, manche sogar bis 32 oder gar noch weiter. Kleine Blenden - also die mit den großen Zahlenwerten - könnte man generell vernachlässigen, wenn ... ja, wenn die Sache mit der Schärfentiefe nicht wäre.

 

wissen foto 1 blende02

wissen foto 1 blende03

Blende 2,8 und fokussiert auf Merlin im Hintergrund Blende 2,8 und fokussiert auf Blikki im Vordergrund Blende 8 - beide Hunde in einer vertretbaren Bildschärfe

 

Jetzt kommen wir zur vornehmsten Aufgabe der Blende - sie kann die Schärfentiefe steuern (manche sagen auch Tiefenschärfe, auch Schiefentärfe wurde schon gehört - was den selben Begriff meint). Wenn man ein Objektiv auf eine bestimmte Entfernung - sagen wir mal 3 m - einstellt, so erscheint ein bestimmter Bereich vor- und hinter der eingestellten Entfernungslinie als gerade noch akzeptabel scharf. Dieser Raum um den Einstellungsbereich nennt man Schärfentiefe. Der Schärfebereich ist leicht asymmetrisch d.h. im Bezug auf die eingestellte Entfernung reicht er etwas weiter nach vorne als nach hinten.

Und jetzt kommt's:

Je größer die Blende (z.B.1,4 - 2 - 2,8)  je kleiner ist die Schärfentiefe und umgekehrt, je kleiner die Blende ist, (11-16-22) je größer ist der Schärfentiefenbereich.

Gut zu wissen ist auch, dass bei vergleichbarer Einstellung die Schärfentiefe mit wachsender Brennweite immer mehr schrumpft. So ist mit einem Super-Weitwinkelobjektiv mit seiner sehr kurzen Brennweite leicht ein Schärfebereich von 1m bis Unendlich zu erreichen, während mit einer "langen Tüte" wie sie z. B. der Sportfotograf benützt, der Schärfentiefenbereich auf wenige cm schrumpft. Wenn Sie in Ihrer Spiegelreflex Kamera mal die Brennweiten von lang nach kurz durchfahren, können Sie den Schärfebereich direkt beobachten - vorausgesetzt Sie drücken die Abblendtaste, denn ohne diese ist die Blende zur bequemen Einstellung immer offen - die Blende springt ja erst beim Auslösen auf den eingestellten Wert. Und wenn Sie die Abblendtaste gedrückt haben und es ist die kleinste Blende eingestellt, glauben Sie, der Mond wird gleich aufgehen, so dunkel ist es im Sucher geworden. Da nun aber ein zu belichtender Film, entsprechend seiner Empfindlichkeit eine bestimmte Menge Licht verlangt, um vernünftig abbilden zu können, sind Sie bei kleinen Blenden gezwungen entsprechend länger zu belichten. Das heißt in der Praxis, Sie kommen leicht in einen Langzeitbereich, den Sie nicht mehr ohne Stativ halten könne: es entsteht Bewegungsunschärfe durch das sich bewegende Motiv und/oder durch "verwackeln".

 

Also stellen wir die Blende bei schnellen Aktionen wie bei der Sport- und auch bei der Hundefotografie so ein, dass sich eine "haltbare" Belichtungszeit ergibt. Die Belichtungszeiten-Reihe hat man freundlicherweise so eingerichtet, dass sich die Zeiten von Raste zu Raste jeweils verdoppeln bzw. halbieren. Das kommt uns gelegen, denn so können wir unserer Kamera bei Bedarf gezielt widersprechen. Wenn uns ihre Messabteilung beispielsweise eine Einstellung Blende 8 - und die Zeit 1/125 sec vorgibt, so können wir die systematisch abgestimmten Zeit-Blendenwerte beliebig variieren. Hier möchte ich eine schnellere Zeit und beschleunige den Verschluss um zwei Stufen auf 1/500 sec. Da aber der Film dadurch nur noch 1/4 der ursprünglichen Lichtmenge bekäme, muss auch der "Lichthahn", die Blende um zwei Werte nämlich auf Blende 4 geöffnet werden - was einer Vervierfachung entspricht - und schon stimmen die Verhältnisse wieder und die Aufnahme ist verwacklungssicher. Leider ist dadurch die bei Blende 8 noch komfortable Tiefenschärfe bei Blende 4 radikal geschrumpft, wodurch wir gezwungen sind, sehr genau auf unser Motiv "Hund" scharf zu stellen.

 

Wem das zu anstrengend ist, der muss einen "schnelleren" Film laden. Die Empfindlichkeit der Filme sind nach ISO (International Standard Organization) genormt; früher war auch ASA oder DIN üblich. Die ISO-Norm besagt hier (krass vereinfacht und praxisgerecht formuliert), dass eine Verdoppelung des ISO- Wertes auch einer Verdoppelung der Film-Lichtempfindlichkeit entspricht. Also, wenn wir mal davon ausgehen, dass im oberen Beispiel ein ISO 100-Film in die Kamera eingelegt war, so könnte man mit einem ISO 200-Film bei gleichen Lichtverhältnissen die Blende um einen Wert - hier auf 5,6 - schließen bei unveränderter Belichtungszeit, da der 200er sich mit der halben Lichtmenge zufrieden gibt. Bei ISO 400 wären Sie wieder bei Blende 8 wie bei der Ersteinstellung, jetzt aber mit einer um zwei Stufen schnelleren Belichtungszeit.

 

Ist das System nicht toll ausgetüftelt? Keine Ahnung, wer sich das ausgedacht hat. Angesichts der Ergebnisse der jüngsten PISA-Studie können das aber nur Baden-Württemberger gewesen sein - ja gut, vielleicht waren auch vereinzelte Bayern dabei.....

 

Nun werden Sie sagen: "Nehmen wir doch gleich einen superschnellen Film mit ISO 800 oder ISO 1600, dann haben wir genug Spielraum für schnelle Zeiten und kleine Blenden!" Da sag' ich als Kurpfälzer nur: "Ha-jo, dess geht a, aber isch det's net mache"(1) weil hochempfindliche Filme auch grobkörniger abbilden. Es empfiehlt sich solche Filme nur bei knappen Lichtverhältnissen einzusetzen, denn da ist es immer noch besser, ein etwas grobkörnigeres, scharfes Foto zu erhalten, als verwackeltes feinkörniges. Außerdem, das muss man sich auch einprägen, geben Objektive zwei Stufen abgeblendet bzw. im mittleren Blendenbereich ihre beste Abbildungsleistung ab. Allerdings kann man heute einen modernen Markenfilm ISO 200 bis ISO 400 ohne weiteres als Universalfilm einsetzen. Gegenüber der Detailauflösung z.B. eines ISO 200 - Kleinbild-Dias sieht der 5-MB Chip einer modernen Digitalkamera immer noch ganz schön alt aus. Aber die Digitalkamera, in der der Chip die Rolle des Filmes übernimmt, hat andere Vorteile aufzuweisen, etwa die sofortige Bildkontrolle und Verfügbarkeit des Bildes unmittelbar nach der Aufnahme.

 


(1) Autorisierte Übersetzung: "Natürlich würde das auch so funktionieren, aber ich kann das nicht empfehlen,...."


 

Hier geht es zum Teil2 des Fotokurses